
Erbenhaftung, Nachlass und Ausschlagung der Erbschaft im Überblick.
Beim Tod eines Bankkunden stellt sich für Erben und Banken sofort die Frage, wie mit dem Nachlass besonders bei Bankguthaben, Depots und Krediten umzugehen ist. Nach deutschem Erbrecht findet eine Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB statt. Das bedeutet: Vermögen und Schulden gehen in vollem Umfang auf den oder die Erben über – einschließlich aller zur Bank bestehenden Konten und Kreditverbindlichkeiten.
Erbe kann jede natürliche Person werden, aber auch juristische Personen wie Stiftungen und GmbHs, sofern sie rechtlich dazu befähigt sind. Selbst noch ungeborene Kinder, die bereits gezeugt wurden, gelten im Erbrecht als Erben. Für juristische Personen und spezielle Gesellschaftsformen wie GbR oder OHG gibt es eigene Regeln zur Erbfähigkeit.
Erbenhaftung: Volle Verantwortung für Nachlassverbindlichkeiten
Mit dem Antritt der Erbschaft übernimmt der Erbe automatisch die Haftung für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten. Das betrifft nicht nur die Guthaben und Vermögenswerte, sondern ebenso Kreditverbindlichkeiten, Steuerschulden und offene Forderungen des Erblassers. Die Erbenhaftung ist grundsätzlich unbeschränkt (§ 1967 BGB). Erben haften daher auch mit ihrem Privatvermögen, falls der Nachlass überschuldet ist.
Zu unterscheiden ist zwischen
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Erblasserschulden (bereits bestehend beim Tod des Erblassers),
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Erbfallschulden (zum Beispiel Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse oder Bestattungskosten) und
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Nachlasserbenschulden, die bei der Verwaltung des Nachlasses entstehen.
Wird etwa ein Dispokredit des Nachlasskontos genutzt, begründet der Erbe damit eine eigene Verbindlichkeit.
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Ausschlagung der Erbschaft: Schutz vor finanziellen Nachteilen
Da die Erbenhaftung weitreichende finanzielle Risiken beinhaltet, besteht die Möglichkeit, eine überschuldete Erbschaft auszuschlagen (§ 1946 BGB). Die Ausschlagung erfolgt gegenüber dem Nachlassgericht und ist nur innerhalb von sechs Wochen ab Kenntnis vom Erbfall möglich – bei Auslandsbezug gilt eine Frist von sechs Monaten (§ 1944 BGB). Wer die Frist versäumt oder die Erbschaft ausdrücklich annimmt, haftet endgültig. Für Minderjährige oder Geschäftsunfähige gilt: Die Ausschlagung muss durch den gesetzlichen Vertreter erfolgen.
Unaufschiebbare Verfügungen – etwa die Begleichung von Bestattungskosten – bleiben auch bei späterer Ausschlagung wirksam, sofern sie wirtschaftlich geboten waren (§ 1959 BGB).
Nachlassinsolvenz und Nachlassverwaltung: Haftung beschränken
Möchte ein Erbe seine persönliche Haftung nach Annahme der Erbschaft begrenzen, bieten Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz (§§ 1975 ff. BGB, §§ 315 ff. InsO) effektive Wege. Das Privatvermögen des Erben wird dann rechtlich vom Nachlass getrennt; Gläubiger können nur noch auf das Nachlassvermögen zugreifen.
Eine Haftungsbeschränkung ist auch bei unübersichtlichen oder dürftigen Nachlässen möglich. Wer Klarheit über die Nachlassverbindlichkeiten sucht, kann ein Aufgebotsverfahren beantragen, um Forderungen von unbekannten Gläubigern auszuschließen (§§ 1970 ff. BGB).
Europäische Erbrechtsverordnung: Erben im Ausland
Für grenzüberschreitende Erbfälle regelt die Europäische Erbrechtsverordnung, welches nationale Recht Anwendung findet: Entscheidend ist der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers. Mit dem europäischen Nachlasszeugnis wird die Anerkennung von Erbenrechten in allen EU-Staaten vereinfacht.
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Sie wollen den vollständigen Artikel lesen? Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Werk “Bankprobleme beim Tod eines Kunden” von RA Arndt Kalkbrenner sowie Michael Schebesta und wurde von Ares Abasi für journalistische Zwecke aufbereitet. Alle Informationen zum Werk lesen Sie hier.